Bahn bekommt kalte Füße
In einem Themendienst greift die Deutsche Bahn das Thema der Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs auf. Mit einschneidenden Änderungen ist im laufenden Jahr 2011 zu rechnen. Die gesetzliche Grundlage zum deutschen Buslinienfernverkehr, Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), steht auf der Agenda der schwarz-gelben Regierungskoalistion.
Grundsätzlich hat sich die Deutsche Bahn damit abgefunden, dass Änderungen kommen werden, sieht aber einige Regelungen als unerlässlich im Sinne der Kunden und Beschäftigten:
Genehmigungspflichten für Linienbusverkehre dienen der Sicherung zuverlässiger Verkehrsangebote. Dies bedeutet unter anderem, dass bereits genehmigte Busverkehre für die Zeit der laufenden Genehmigung Investitions- und Bestandsschutz erhalten. Denn die Unternehmen haben in Fahrzeuge und Betriebsstätten investiert, Personal eingestellt und sich zugleich auf ein bestimmtes Fahrplanangebot verpflichtet.
Genehmigungspflichten für Linienbusverkehre sind darüber hinaus erforderlich, um im Interesse der Kunden das heutige Sicherheits- und Qualitätsniveau im öffentlichen Personenverkehr in Deutschland zu gewährleisten. Sie sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Einhaltung der notwendigen Mindeststandards auch überwacht werden kann.
Betriebspflicht: Die Konkurrenz durch einen Wettbewerber, der sich keinerlei Verpflichtungen unterwirft, Fahrpläne einzuhalten, nur bei Bedarf fährt und jederzeit seine Leistung wieder einstellen kann, gefährdet die wirtschaftliche Grundlage dauerhafter Verkehrsangebote im Nahverkehr. Auch hier liegt eine wichtige Aufgabe der Genehmigungsbehörden: wären Verkehrsangebote allein dem freien Spiel gegebenenfalls nur kurzfristig aktiver Marktteilnehmer überlassen, ließe sich der öffentliche Bedarf an Nahverkehrsangeboten nicht mehr nachhaltig gewährleisten.
Auch die Veröffentlichung und Einhaltung von Fahrplänen ist eine unverzichtbare Grundlage zuverlässiger Angebotsinformation der Kunden.
Die Straßen stehen vielerorts vor dem Kollaps. Deshalb ist es das erklärte Ziel vieler Verkehrsexperten aber auch Politiker, so viel Verkehr wie möglich auf die Schiene zu verlagern. Entsprechend investieren Bund und Deutsche Bahn jährlich Milliardensummen in den Unterhalt und den Ausbau des Schienennetzes.
Es ist daher ein begreifliches Anliegen der Verkehrspolitik, Nutzen und Risiken einer weitergehenden Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs insbesondere mit Blick auf das Schienenverkehrsangebot abzuwägen und den Fernverkehrsmarkt entsprechend zu gestalten. Diesbezüglich wurde vom Bundesverkehrsministerium eine Risikoanalyse im Rahmen der Bedarfsplanüberprüfung vorgenommen. Kernaussage dieser Analyse: Die Verkehrsnachfrage des Fernbusses werde sich zu 60 Prozent aus Verlagerungen vom Schienenpersonenverkehr, zu 20 Prozent aus Verlagerungen vom motorisierten Individualverkehr und zu 20 Prozent aus induziertem Neuverkehr zusammensetzen. Der Schienenpersonenverkehr werde auf Relationen, in denen er wettbewerbsstark sei, bis zu zehn Prozent der Verkehrsnachfrage verlieren, auf Relationen, auf denen die Schiene weniger wettbewerbsfähig sei, seien bis zu 20 Prozent zu erwarten.
Zu diskutieren ist auch eine Mautpflicht für Fernbusse. Denn bestehende Wettbewerbsverzerrungen bei der Anlastung von Wegekosten müssen abgebaut werden.